Wir Konsumkinder Podcast: Staffel 3 | Folge 2: Neuanfänge

In dieser Folge sprechen wir über unsere ersten Schritte raus aus dem Konsumzwang und der Konsumgesellschaft.

Wir beginnen unser Verhältnis zu Geld und Konsum zu hinterfragen. Was brauchen wir wirklich? Bücher, CDs, DVDs, Kleidung - wir beginnen Besitz loszulassen und zu reduzieren. Dadurch brauchen wir weniger Wohnfläche und zum ersten Mal wird es denkbar den Wohnraum zu verkleinern und so Geld zu sparen.

Vollständiges Transkript der Folge

Carsten Hey, hier sind Carsten

Stefanie und Stefanie

Carsten und wir erzählen dir in diesem Podcast unsere Geschichte,

Stefanie wie wir von unmündigen Konsumkindern zu mündigen Bürger·innen wurden.

Carsten Das ist Staffel drei Folge zwei: Neuanfänge.

Stefanie Mitte Ende 2015 war ich dann soweit, dass ich gemerkt habe okay, das mit meiner Selbstständigkeit, das funktioniert irgendwie hinten und vorne nicht. Ich hatte ja Mitte 2014 noch mal mithilfe des benachbarten Unternehmensberater Coaches versucht meine Selbstständigkeit auf neue Füße zu stellen. Aber da ich da eben die ganze Zeit diesen Fokus hatte: Ich muss Geld verdienen, ich muss Geld verdienen, ich muss irgendwie Geld verdienen, hat das einfach nicht funktioniert. Ich habe wirklich alles Mögliche probiert. Ich habe damals auch noch mal in ein neues Logo investiert, habe da viel Geld ausgegeben. Ja, also ich habe tatsächlich gedacht - es existiert ja immer wieder dieser Glaube: Du musst erst mal viel Geld investieren, damit dann was rauskommt. Und wenn du nicht viel Geld investierst, dann kommt auch nicht viel raus. Wenn du nämlich nur ganz wenig investierst, dann kommt auch nur wenig raus. Und deswegen habe ich wieder investiert und es hat aber nicht funktioniert.

Und ich war dann Mitte / Ende 2015 so verzweifelt, dass ich gedacht habe, ich muss irgendwas tun, ich muss mir noch mal Hilfe suchen und war dann dankbar, dass ich ein Event gefunden hatte, wo es um Money Mindset ging. Und ich bin da hingefahren nach Frankfurt. Ich habe extra keine Übernachtung gebucht, weil es zu teuer war. Ich bin frühmorgens mit dem Zug hingefahren und dann abends, spät abends wieder zurück. Ich glaube, ich war um 00:00 zu Hause oder noch später. Ich weiß es nicht mehr, aber jedenfalls, das war ein Tag. Und an diesem Tag, das war quasi so das Schlüsselerlebnis, wurde mir von den beiden Coaches, die da zugegen waren, von den beiden Frauen gesagt: Wenn ich über mein Business rede, ist da kein Glimmen in den Augen, kein Feuer, das mich treibt. Und ich sollte doch mal überlegen, ob ich das Thema wechsele, also ob ich mich inhaltlich umorientiere. Und ich habe mit Carsten darüber gesprochen und ich habe dann länger darüber nachgedacht und habe dann gedacht: Ja, ich wage jetzt den Sprung, ich orientiere mich inhaltlich um.

Zwei Monate lang habe ich das auf eigene Faust versucht und habe mich dann letztlich dazu entschlossen, wieder zu investieren. Und zwar diesmal in ein Coaching und habe mir davon einfach erhofft, dass ich jetzt dann meinen Weg finde. Das war dann auch noch zeitgleich zu dem Zeitpunkt, wo wir unseren Hund einschläfern lassen mussten. Sie hatte erst noch eine etwas teurere Krebsbehandlung hinter sich und es wäre möglich gewesen, noch eine Chemotherapie mit ihr zu machen. Das hätte aber jetzt ihr Leben auch nur um einige Monate verlängert und wir haben uns dann letztlich dagegen entschieden. Aber wir mussten dann auch noch mal wieder den Kredit aufstocken, um die Behandlung zu bezahlen und haben dann dementsprechend noch ein bisschen weiter aufgestockt, um auch das Coaching bezahlen zu können. Und das war dann das letzte Mal, dass wir den Kredit tatsächlich aufgestockt haben, oder?

Carsten Genau seitdem war, was das betrifft, Ruhe. Und toi toi, toi. Ja, endlich kommen wir aus dieser Misere langsam, aber sicher heraus. Aber bis zu dem damaligen Zeitpunkt waren wir noch sehr stark bankenabhängig. Ja.

Stefanie Und dann ging es mit meiner Selbstständigkeit weiter, als ich das Coaching angefangen habe, Anfang 2016 und es hat mir dann tatsächlich geholfen, eine inhaltlich neue Richtung zu finden, die dann jetzt heute in Von Herzen Vegan resultiert und allem, womit du mich kennst. Ich habe über die vergangenen fünf Jahre einiges ausprobiert und mir den Luxus gegönnt, nicht darauf zu gucken, womit ich am meisten Geld verdienen kann, sondern darauf zu schauen, wem ich womit am besten helfen kann. Und ich bin immer wieder auf das Thema „vegan“ zurückgekommen, weil es mich damals auch am meisten bewegt hat und habe dann eben beschlossen, mich diesem Thema zu widmen.

Damals war auch noch das Thema Datenschutz sehr wichtig für mich, aber ich hatte das Gefühl, dass in dem Bereich schon viele Menschen unterwegs sind und dass die Tiere mehr Zuspruch brauchen als die Menschen. Und letztlich ist es so, dass Datenschutz mir natürlich auch immer noch am Herzen liegt. Aber ich widme mich halt die meiste Zeit dem Thema Vegan oder Veganismus und es war für mich schon eine sehr große Herausforderung, ein sehr großer Sprung ins kalte Wasser, dann die Angst vor dem Finanzamt auch loszulassen und etwas Neues zu wagen. Dass ich mich dann inhaltlich mit dem Thema vegan noch mehr beschäftigt habe, also auch im beruflichen Kontext, hat mich dann auch dazu gebracht, noch thematisch tiefer zu gehen und immer mehr herauszufinden. Dadurch habe ich eben auch mit dem Einfach Vegan Podcast angefangen, habe Carsten gefragt, ob er mitmacht. Der Rest ist Geschichte.

Und ich habe viel in die Milchgeschichten investiert, habe da geforscht und habe dann mit „Hamburg vegan erkunden“ Touren entwickelt. Bin also hier weitergegangen. 2016 habe ich eigentlich fast noch gar kein Geld verdient. Dann wurde es 2017 besser und so Schritt für Schritt immer besser. Tatsächlich aber immer noch nicht, auch heute noch nicht, so weit, dass ich damit unseren Lebensunterhalt verdienen könnte oder sei es auch nur signifikant dazu beitragen. Was aber, wenn wir das Finanzielle jetzt für einen Moment beiseite lassen und sehr geholfen hat, ist, dass ich eben thematisch immer tiefer eingestiegen bin und dadurch Themen hochkamen und wir auch mit Themen in Berührung kamen, die uns geholfen haben, immer weiter raus aus diesem Konsumzwang und der Konsumgesellschaft zu gehen und das immer weiter zu hinterfragen und auch hier eigentlich den Vergleich mit der Matrix immer wieder zu sehen, dass wir rausgehen, aussteigen aus dieser Scheinwelt, diesem Wunsch, dem Geld und Konsum und ja, dem Ganzen, was dazugehört hin zu mündigen Bürger·innen, also dass wir mündig werden, dass wir uns emanzipieren und da raus wachsen.

Carsten Dass wir aber auch die Bereitschaft entfalten, Dinge zu hinterfragen, also auch durchaus mal zu schauen, was passiert dort eigentlich im Hintergrund, bevor oder auch nachdem ich eine bestimmte Konsumentscheidung getroffen habe. Wo kommt das Produkt her, was sind die Produktionsverhältnisse etc.? Das sind ja alles keine neuen Fragen, nur haben wir uns diese Fragen vorher nie wirklich gestellt. Wir haben immer so an der Periphere zwar festgestellt oder wahrgenommen: Ja, okay, da gibt es irgendwas, keine Ahnung, Fast Fashion oder so was, aber das hat uns irgendwie nie wirklich berührt. Aber zu dem Zeitpunkt, wo wir dann wirklich tiefer, auch durch die bewusste Entscheidung, jetzt vegan zu leben, immer stringenter auch Dinge hinterfragt haben, waren wir auch offen für solche Themen und haben die auch tatsächlich in unser Leben gelassen. Und auch auf Basis der Informationen, die wir dann bekommen haben oder uns erarbeitet haben, haben wir auch weitreichendere Entscheidungen getroffen.

Stefanie Ja, und eine große Entscheidung 2016 war dann, in Richtung Minimalismus zu gehen. Also mir war das Wort Minimalismus in dem Moment nicht bekannt. Ich habe nur einfach gemerkt: okay, ich sollte mir öfter mal die Frage stellen „Was brauche ich wirklich?“ Und ich habe Carsten dann damit schockiert, dass ich angefangen habe, Bücher loszulassen.

Carsten Ja, das war, äh, schockierend. Ja, richtig, das war das. Ich habe gedacht, du bist verrückt.

Stefanie Ja, es war schlimm für Carsten, ganz ehrlich. Und für mich war es so, dass ich ja, wie gesagt, diese Riesenmenge an Büchern hatte und ich dann angefangen habe, meinen Bücherbestand immer wieder durchzugehen und zu gucken, was kann ich davon loslassen, welche Bücher dürfen gehen, welche brauche ich wirklich? Und ich habe mindestens ein halbes Jahr gebraucht, um meinen Bücherbestand von über 30 Bücherkisten auf 30 Exemplare oder noch weniger zu reduzieren.

Carsten Heute habe ich dich zwar überholt, aber damals habe ich gedacht: lass sie mal laufen. Entweder ergibt sich das von alleine, aber meine Bücher packst du nicht an! Doch, du hast sie angepackt. Wir waren damals ja noch so von Händlern wie Momox oder so fasziniert, dass man aufgrund dieser immensen Buchbestände, die wir hatten, dann ja doch noch mal ein bisschen Bargeld da rausbekommen konnten.

Stefanie Also der Stückpreis war für uns halt damals auch noch wichtig. Wir haben damit dann auch unseren Hochleistungsmixer finanziert.

Carsten Das stimmt. Haben wir damit quasi.

Stefanie Ja, genau, ja. Wir haben also da das erste Mal dann angefangen auf Dinge zu sparen und nicht alles sofort zu kaufen. Und wir hatten eben nicht sofort zu Beginn unseres veganen Lebens schon eine Hochleistungsmixer, sondern, ich meine, erst zwei Jahre später. Und das konnten wir dadurch finanzieren, indem wir eben die ganzen Bücher und DVDs verkauft haben über Momox, wobei wir auch nicht alles verkaufen konnten. Also wir sind ja dann doch irgendwo wählerisch und ich habe dann am Ende einen Großteil meiner Jugend- und Kinderbücher verschenkt. Da hatte ich eben Glück, dass ich da ein junges Mädchen mit ihren Eltern gefunden habe, die dann mit ihrem Auto vorgefahren sind und die restlichen Kisten alle eingeladen haben, so, sodass ich da das Gefühl hatte, ich gebe die Bücher in gute Hände. Aber das ist eben auch etwas, das kannst du alles im Einfach Vegan Podcast nachhören. Aber das ist auch eine Erfahrung, die wir gemacht haben, dass dieser Anspruch, Dinge in gute Hände zu geben, dass das etwas ist, den ich loslassen musste, weil das meist nicht möglich ist. Die meisten Menschen, die zum Beispiel über die Kleinanzeigen gebrauchte Dinge sich schenken lassen oder für kleines Geld kaufen, wollen die einfach nur wieder verkaufen oder haben jetzt jedenfalls da keinen emotionalen Wert oder eine emotionale Bindung dazu.

Carsten Zumindest nicht die, die man selber aufgebaut hat. Und gerade bei Literatur ist es ja so, dass Bücher einen im Zweifelsfall auch das komplette Leben über begleiten und sie werden ja auch nicht wie Statussymbole, würde ich jetzt nicht unbedingt sagen, aber sie verleihen einem Raum, ja, ein Ambiente.

Stefanie Es ist oft viel so, dass eine bestimmte Lektüre irgendwie damit verbunden wird, dass man besonders gebildet ist.

Carsten Also ich kann mich noch an diesen Spruch erinnern, den ich auch jahrelang für mich selber irgendwie in Anspruch genommen habe: „Ein Raum ohne Bücher ist wie ein Körper ohne Seele.“ Und dementsprechend war es eigentlich immer ganz schön, in einem Wohnzimmer zu sitzen und umgeben von Büchern zu sein.

Stefanie Das ist auch heute noch schön. Nur es ist halt wirklich etwas.

Carsten Dass genau da haben wir, da haben wir uns tatsächlich so von diesem Anspruch entfernt, was uns ja jetzt nicht von Büchern entfernt hat. Wir sind nach wie vor sehr bibliophil oder lesen viel, aber haben nicht mehr den Anspruch, dass diese Bücher uns selber gehören müssen.

Stefanie Genau. Wir haben dann nämlich endlich die Bücherhallen für uns entdeckt. Als Kind hatte ich auch einen Büchereiausweis, aber irgendwie ist das dann über die Jahre hinweg verloren gegangen. Und dieser Gedanke, dass wir jetzt dann uns die Bücher auch einfach ausleihen können, ist uns irgendwie nie gekommen. Wir haben, also ich habe diesen Schritt gemacht, dass ich gedacht habe: okay, ich muss sie vielleicht nicht mehr neu kaufen, ich kann sie auch gebraucht kaufen. Und dann, erst nachdem ich diesen Schritt gegangen bin, ist mir die Idee gekommen: Ach, ich kann sie auch ausleihen. Ich muss sie gar nicht kaufen. Und da hatte ich schon kistenweise wieder gebrauchte Bücher bestellt und so.

Carsten Ja, ich habe für mich aber auch ganz lange diesen Anspruch gehabt. Bücher muss man besitzen. Okay. Na ja, eigentlich zweitrangig, ob jetzt neu oder gebraucht, natürlich idealerweise neu. Ich war aber jetzt nie mit dem Anspruch unterwegs zu sagen: ich kaufe jetzt nur, keine Ahnung gebundene Bücher. Aber da gibt es ja auch noch so eine Abstufung zwischen Taschenbuch und Gebunden. Aber es war für mich völlig klar oder unzweifelhaft, dass man Bücher, die man lesen möchte, kauft. Und es wäre aus dem Grunde auch nie für mich in Frage gekommen, auch vorher schon mal Bücher auszuleihen aus einer Bücherei. Also Büchereien waren tatsächlich für mich eine ganze Zeit lang so ein bisschen stigmatisiert. Büchereien waren für mich Orte für Leute, die sich keine Bücher leisten konnten, die darauf angewiesen waren, Bücher kostenlos auszuleihen.

Stefanie Das war für mich gar nicht so, die waren einfach gar nicht da in meinem Kopf. Die Büchereien, also die waren einfach nicht existent. Aber ich hatte kein Stigma dazu.

Carsten Aber vielleicht lag das auch daran, ich bin ja in einer ländlichen Gegend groß geworden und da sind die Büchereien ja ein bisschen dünner gesät. Und das, was an Büchereien da ist, lässt sich auch nicht vergleichen mit dem, was wir jetzt zum Beispiel hier in Hamburg mit den Bücherhallen haben. Ein Schlaraffenland für Leute, die Bücher lieben. Das Sortiment, was ich damals immer so in den Bücherreien gefunden habe, war sehr abgespeckt, meistens enthielt es auch überhaupt nicht das, was ich für interessant hielt und das hat natürlich dann so den Eindruck auch mit gefärbt. Also so zweitklassige Lektüre.

Ich hatte, als wir hier in Hamburg gewohnt haben, die ersten Jahre immer mal diese Bücherhallen wahrgenommen. Fand das auch schon mal interessant, so an so einer Hauswand vorbeizugehen, wo man durch sämtliche Scheiben nur noch irgendwelche Bücherregale sieht. Also für mich war das schon klar: Das ist irgendwie so eine Bücherei oder Bibliothek. Aber mit dem Gedanken, da mal reinzugehen, - das hätte ich ja machen können. Ich muss ja keinen Büchereiausweis haben. Es kann ja jeder kostenfrei reingehen und lesen nach Gutdünken. Ich kann es halt nur nicht ausleihen. Aber vor Ort kann ich ja alles machen - da bin ich gar nicht drauf gekommen. Also da hat sich an der Stelle schon sehr viel verändert bei mir.

Stefanie Ja, die Bücher waren definitiv so ein Anfangspunkt. Und je weniger Bücher es wurden, desto leerer wurden ja dann auch die Bücherregale. Und als dann die meisten Bücher weg waren und wir das alles reduziert hatten auf diese 30 Bücher oder zusammen hatten wir dann vielleicht 50 Bücher, ich weiß nicht mehr, aber jedenfalls wenig Bücher im Vergleich zu vorher, brauchten wir diese ganzen Bücherregale auch nicht mehr. Und dann haben wir halt auch die Bücherregale verkauft und dann war auf einmal das Wohnzimmer leer. Also es stand noch das Sofa drin und das war's. Ja, und dann hatten wir einen riesigen Raum mit einem Sofa und dem Esstisch noch, aber es war trotzdem sonst relativ leer. Und dann ist uns tatsächlich das erste Mal die Idee gekommen, dass wir vielleicht eine kleinere Wohnung nehmen könnten.

Carsten Genau. Und wir haben ja auch im Schlafzimmer so ein bisschen ausgedünnt, also diese typischen Schränke, Wenn ich mir überlege, unsere erste große gemeinsame Wohnung, da hatten wir drei ganz große Ikea Pax Schränke, diese 2,30m x , keine Ahnung was, 1 Meter.

Stefanie Also wir hatten dann eine 3 Meter Breite und 2,30 Meter hohe Schrankwand.

Carsten Und jetzt? Heute haben wir einen von denen und der ist ungefähr zur Hälfte gefüllt.

Stefanie Genau. Ja, wir haben eine Hälfte locker gefüllt mit Krimskrams sozusagen. Also mit Bettwäsche und ausrangierter Kleidung vom Kind, die bald wieder verschenkt oder verkauft wird. Und die andere Hälfte teilen Carsten und ich uns. Aber das war eben ein Prozess. Und das ist nämlich auch das, was meine Touren „Hamburg vegan erkunden“, die ich ja erst für mich entwickelt habe, dann für Freund·innen und dann für Menschen, die dafür bezahlt haben, was das auch wieder wechselseitig quasi bedingt hat, was das gefördert hat, auch diese Entwicklung, weil ich da ja auch an Tauschkisten vorbeigekommen und solche Konzepte kennengelernt habe und dann auch immer wieder diese Tauschkisten befüllt habe. Die Bücher waren der Anfang und dann bin ich durch die Wohnung gegangen und habe geguckt, was brauche ich wirklich, was brauche ich wirklich, was kann ich weggeben? Das war beim Kleiderschrank genauso, dass wir immer wieder weggegeben haben, weggegeben haben, verschenkt haben und dann auch eben bei allen anderen Sachen, so dass es immer weniger geworden ist. Nur im Kinderzimmer nicht. Das Kinderzimmer haben wir bisher nicht angetastet. Das Kind, glauben und hoffen wir, wird von alleine auf die Idee kommen, sich zu fragen Was brauche ich wirklich? Aber wir haben das Gefühl, dass es momentan noch nicht alt genug ist dafür.

Carsten Ja, ich glaube, Kinder müssen ein gewisses Alter haben, um auch diesen Prozess zu verstehen. Ich denke noch, in den Jahren, wo Kinder aktiv spielen, ist nach wie vor Überfluss, also auch aus unserem Empfinden so ein Überfluss vorhanden, weil die Kinder sich eben in Spielsachen ergehen. Was ich aber bei unserem Kind feststelle, ist ja schon die Bereitschaft, sich von Dingen zu trennen.

Stefanie Ja.

Carsten Also das ist etwas, das kannte ich aus meiner eigenen Kindheit nicht. Zu sagen ich verkaufe jetzt Spielsachen, die ich jetzt nicht mehr so aktiv bespiele und kann mir dann von dem dort eingenommenen Geld weitere Spielsachen kaufen. Flohmärkte gab es in meiner Kindheit schon, aber jetzt bei unserem Kind ist es doch die Bereitschaft über die Internetplattform da etwas Gebrauchtes zu verkaufen schon viel stärker ausgeprägt. Und ich meine so im Vergleich zu mir damals schon bei unserem Kind jetzt eine höhere Bereitschaft zu finden, zu sagen okay, ich trenne mich von Sachen, die mich jetzt nicht mehr so stark interessieren.

Stefanie Ja, wir haben allerdings auch diese Regel aufgestellt: Er bekommt Dinge nur zu Weihnachten und zum Geburtstag geschenkt. Und sonst? Wenn er was Neues haben will, muss er das selber finanzieren. Und finanzieren kann er das eben nur über sein Taschengeld, in dem er es spart. Oder indem er halt gebrauchtes Spielzeug aus seinem Zimmer verkauft. Und beim Verkaufen helfen wir ihm. Aber er muss halt schon selber auf die Idee kommen, dann das zu verkaufen und wir schießen kein Geld dazu, sondern er muss es halt komplett selbst finanzieren. Wir unterstützen ihn dabei, weil er ja immer noch nicht alt genug ist, das alles alleine zu machen. Aber das ist eben die Regel. Und er weiß auch schon, dass es halt nachhaltiger ist, gebrauchte Dinge zu kaufen. Es ist für ihn kein Problem, gebrauchtes Spielzeug zu kaufen.

Es ist ja sowieso bei dem, was er haben will, was Lego oder Playmobil ist, das ist gebraucht genauso gut wie neu. Ja, wenn es halt schon 30 Jahre alt ist, dann sind die Arme beim Playmobil ausgelullert oder so. Also da muss man schon Unterschiede anerkennen, aber letztlich ist es für ihn mittlerweile auch gut. Also er sieht es als gut an, wenn es gebraucht ist. Es ist nicht so, dass er sagt: Oh Gott, ich muss nur neue Sachen haben, sondern das ist okay und Kleidung kaufen wir ja sowieso gebraucht. Das ist für ihn auch kein Problem. Ich weiß natürlich nicht, wie es sein wird, wenn er als Teenie irgendwann zu uns kommt und sagt: Ich will keine gebrauchten Sachen mehr. Keine Ahnung. So weit sind wir noch nicht. Aber im Moment ist es eben so, dass das, was wir ihm vermitteln, auch anzukommen scheint und er dann eben sich dessen bewusst ist, dass es nachhaltiger ist, gebraucht zu kaufen.

Carsten Ja.

Stefanie Wenn wir jetzt also das Kind ausklammern von unseren Bestrebungen zum Minimalismus, haben wir dann also unsere Wohnung immer weiter entrümpelt, schon fast.

Carsten Teilweise auch Gegenstände ausgetauscht. Also ich weiß noch, die plastikfreie Thematik hat uns da ja auch noch mal konfrontiert. Das war also für mich eine ziemliche Hürde, festzustellen, wie viel Plastik wir doch noch irgendwie im Gebrauch hatten, gerade so im Küchenbereich.

Stefanie Ja, wir haben eine längere Phase durchgemacht, in der wir wirklich unseren ganzen Hausstand irgendwie auf den Kopf gestellt haben, alles auch in Frage gestellt haben und mit dem Wissen, was wir dann mit der Zeit angehäuft haben und was wir ja dann im Einfach Vegan Podcast auch dokumentiert haben, dann unser Leben immer weiter umgestellt und Ende 2016 / Anfang 2017 haben wir dann auch angefangen, uns nach einer anderen Wohnung umzuschauen, die explizit günstiger sein sollte.

Carsten Aber auch weniger Wohnraum benötigte, wollte ich grade schon sagen. Also wir benötigten schon aufgrund des Ausmistens sichtbar weniger Wohnraum und das ist uns klar geworden. Und deswegen war das ja auch ein Thema, wo wir wussten, wir können auch günstiger wohnen, weil wir eben nicht große Wohnungen brauchen, sondern eine normal große reicht eigentlich auch.

Stefanie Genau. Und zeitgleich kam bei uns der Wunsch auf, dass unser Kind nicht auf eine Regelschule gehen sollte, sondern auf eine freie, demokratische Schule. Und da sind wir dann auch auf die Suche gegangen. Wo sind denn Schulen? Und da gab es zu dem Zeitpunkt in der Nähe eigentlich keine freie, demokratische Schule und sie wäre etwas weiter weg gewesen, die, die wir uns ausgesucht haben. Und wir haben halt wirklich überlegt, wir könnten halt da in den Stadtteil erst mal hinziehen, aber dann hätte das Kind ein Jahr lang eben nicht mehr in den Kindergarten gehen können. Oder wir machen jetzt eben einen Zwischenschritt und ziehen dann in einen anderen Stadtteil, von wo aus das Kind dann aber noch in den Kindergarten gehen kann, wenn es da eine günstigere Wohnung gibt. Es war einfach, weil das Kind eben erst 2018 dann in die Schule gekommen ist mussten wir irgendwie noch im Umkreis vom Kindergarten bleiben. Und ich habe das nicht so gesehen, dass ich jetzt ein Jahr lang mit dem Kind allein zu Hause bin und deswegen haben wir da dann im Umkreis erst mal gesucht. Ein anderer Faktor war natürlich auch Carstens Arbeitsweg. Der hatte sich jetzt sowieso schon verlängert, dadurch, dass wir dann in den Süden von Hamburg gezogen waren und wir ja auch kein Auto hatten und du dann die ganze Zeit ja mit öffentlichen Verkehrsmitteln und Fahrrad gefahren bist.

Carsten Ja, wobei mein Arbeitsweg zu dem Zeitpunkt ja auch noch einigermaßen cool war. Ich bin ja wirklich über anderthalb Jahre oder so eine relativ lange Strecke oder relativ lange Zeit jeden Tag am Hamburger Volksparkstadion vorbeigefahren. Das ist eigentlich eine relativ schöne Fahrtstrecke gewesen, aber die musste ich halt zurücklegen, um zur nächst gelegenen S Bahn Station zu kommen, die dann tatsächlich Anschlusspunkte für meinen Arbeitsweg bot. Wir hatten zwar andere S Bahn Stationen, die näher waren an unserer Wohnung, aber die fuhren halt nicht in die Richtung, die ich dann tatsächlich arbeitsmäßig fahren musste.

Stefanie Du hattest auch mit dem Bus fahren können, aber das war halt mit dem Fahrrad angenehmer.

Carsten Mit dem Fahrrad war es angenehmer und ich glaube, das war auch mit dem Fahrrad durchaus schneller. Da habe ich eben wirklich so zwischendurch fahren können, ich hatte eine Abkürzung gefunden. Die ersten Tage, wo ich noch nicht wusste, wo ich lang fahren musste, war meine Fahrradroute fast identisch mit dem, was der Bus gefahren ist. Und später habe ich dann gemerkt, ich kann eigentlich eine Abkürzung nehmen. Aber nach wie vor war der Radweg bzw. auch der gesamte Arbeitsweg dadurch natürlich schon merklich länger geworden.

Stefanie Aber du hast ja dann das auch und das ist ja auch heute noch so, das so kompensiert sag ich mal, dass die Fahrradstrecke für dich eben auch Sport ist. Also du machst dann halt nicht noch extra Sport am Abend, sondern du fährst mit dem Rad. Wir hatten ja auch eine ganze Zeit lang dieses Kraftgerät, was wir uns auch noch zugelegt haben, ganz zu Beginn unserer Beziehung, so ein riesiges Ding, dass wir halt auch wieder fremdfinanziert hatten. Und das hatten wir noch bis zu diesem Zeitpunkt, wo wir uns jetzt gerade chronologisch befinden, immer wieder mit umgezogen. Und das war aber auch ein Punkt, dass wir dieses Gerät dann losgelassen haben. Also auch das haben wir dann verkauft.

Carsten Genau. Und mein einziger sportlicher Ausgleich war tatsächlich dann so die Radstrecke, die ich auf dem Arbeitsweg hatte. Das waren ja eigentlich zwei Radstrecken. Einmal direkt am Arbeitsort, wo ich dann da das Zweitrad stehen hatte und dann von der Wohnung bis zur S Bahn Station. Also ich glaube, dass ich pro Tag so vielleicht eine Stunde auf dem Rad gesessen habe oder so was hochgerechnet. Und das war aber auch schon notwendig, weil ich ja sonst eigentlich, wie du gerade schon gesagt hattest, keine Möglichkeit hatte, da noch irgendwie Sport zu treiben, weil der Arbeitsweg ja auch sehr zeitintensiv war. Getrieben hat mich weniger der sportliche Aspekt, sondern eigentlich der Wunsch, meinen Arbeitgeber zu wechseln. Also ich wollte einen neuen Job haben, stand da aber beruflich an so einem schwierigen Punkt, wo ich nicht ad hoc irgendwie den Absprung geschafft habe, sondern wirklich lange, lange gesucht habe.

Ich weiß gar nicht, wie viele Bewerbungsgespräche ich geführt habe in der Zeit, aber ich habe mir damals immer gesagt, man hätte mich irgendwie um 3:00 nachts aus dem Tiefschlaf wecken können, ich hätte so stante pede ein Bewerbungsgespräch halten können. Das war schon so intuitiv abgreifbar, was man so im Bewerbungsgespräch dann von sich gibt. Ja, einfach dem Umstand geschuldet, dass ich mit so vielen potenziellen Arbeitgeber·innen gesprochen habe und mich wirklich schwer damit getan habe, etwas zu finden, wo ich gemerkt habe, das passt entweder aufseiten des·der Arbeitgeber·in nicht oder weil das Profil dann nicht so rund war. Oder ich habe einfach gemerkt, es ist tatsächlich nicht das, wo ich langfristig hin möchte.

Ich war da tatsächlich auch so ein bisschen wählerisch, nicht nur inhaltlich, sondern ja auch hinsichtlich des Weges war für mich klar: ich möchte etwas haben, was ich auch weiter mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichen kann und nicht so in der Art und Weise, wie ich es bis zu dem Zeitpunkt gemacht habe, weil das entsprach ja eigentlich mehr einem Pendeln, nur dass ich eben mit Fahrrad und S und U Bahn gefahren bin. Sondern ich wollte ja unbedingt etwas haben, was meinen fachlichen Neigungen entspricht und gleichzeitig aber ich sag jetzt mal eine halbe Stunde - 3/4 Stunde mit den öffentlichen Verkehrsmitteln erreichbar war. Und das ist trotz des großen Angebots in Hamburg wirklich eine sehr zeitintensive und letztendlich auch sehr kraft-zehrende Thematik geworden. Aber der Gedanke hat mich eigentlich weiterhin motiviert zu sagen: okay, ich kann auch längere Wege durch Umzüge in Kauf nehmen, früher oder später finde ich einfach einen neuen Beruf, neuen Job und habe dann dadurch einen kürzeren Arbeitsweg.

Stefanie Aber es war damals schon frustrierend.

Carsten Es war sehr kräftezehrend. Ja klar. Das war's für heute.

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