Wir Konsumkinder Podcast: Staffel 3 | Folge 4: Wir lösen uns immer mehr aus dem Konsumzwang

Wir ziehen wieder um, da das Kind einen Platz an einer freien demokratischen Schule bekommen hat, etwas östlich von Hamburg.

In dieser Folge erzählen wir unter anderem, mit welchen Hoffnungen und Hintergedanken wir die aktuelle Wohnung gewählt haben und wie wir versuchen so nachhaltig wie möglich auf dem Land leben.

Vollständiges Transkript zur Folge

Carsten Hey, hier sind Carsten

Stefanie und Stefanie

Carsten und wir erzählen dir in diesem Podcast unsere Geschichte,

Stefanie wie wir von unmündigen Konsumkindern zu mündigen Bürger·innen wurden.

Carsten Das ist Staffel drei, Folge vier: Wir lösen uns immer mehr aus dem Konsumzwang.

Also die bisherige Situation, die wir geschildert haben, klang ja wie die absolute Erfüllung. Also kleinere Wohnung, Halbierung der Miete, alles irgendwie gut, neuer Job etc. Wir haben uns da echt gut eingelebt, aber letztendlich war die treibende Kraft, die uns dann doch nochmal einen Schritt weiter gebracht hat, also von wegen unserer jetzigen Wohnung, die treibende Kraft war unser Wunsch, das Kind auf diese freie, demokratische Schule zu bekommen. Dass das Kind das erste Jahr in einer Regelschule dann die Schulzeit verbringen musste, war für uns quasi so ein Kompromiss. Zu sagen okay, wir haben jetzt nur eine Wohn- und Lebenssituation, die okay ist für uns. Wir gucken aber weiterhin in der Hoffnung, dass wir einen Schulplatz an der freien, demokratischen Schule bekommen und so lange bleibt das Kind eben auf der Regelschule. War jetzt auch nicht so, dass es da keine Freunde hatte, sondern ein Freundeskreis hatte sich ja dann auch gefunden. Also von daher, wir waren ja sozialisiert, wie man das so sagt.

Stefanie Sozial integriert.

Carsten Ja. Das haben wir alles geschafft. Das war also in der Kombination eigentlich ganz gut, nur eben diese Schule, die wir gesucht haben oder die Schulform selber, es war ja noch nicht mal eine spezielle Schule, sondern diese Schulform bot sich uns dort in der Situation einfach nicht mehr. Wir haben dann aber trotzdem einen Schulplatz gefunden, bei einer freien demokratischen Schule, die aber aus damaliger Sicht ja leider, leider auf einer ganz anderen Ecke des Globus zu finden war oder unseres damaligen Globus.

Stefanie Es war östlich von Hamburg.

Carsten Wir mussten einmal vom Westen in den Osten ziehen. Und das war... Ich weiß noch, als wir damals die ersten Kontakte zur Schule aufgebaut haben und auch mal vor Ort dann mit den öffentlichen Verkehrsmitteln gefahren sind, waren wir zwei Stunden unterwegs. Pro Strecke. Ja, gut, mit Auto wissen wir, dass die Strecke dann deutlich kürzer. Leute, die das so fahren, die brauchen glaub ich, eine Dreiviertelstunde oder so.. Ja.

Stefanie Aber mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist es echt weit. Und wir hatten halt auch gedacht, dass wir gar nicht so weit rausziehen wollen. Und das ist eben auch schon Schleswig Holstein und wir wollten eigentlich in Hamburg bleiben und naja, aber letztlich war es halt eben ausschlaggebend, dass das Kind unglücklich war an der Schule und wir sowieso eigentlich mit der Schulform unglücklich waren und wir gedacht haben okay, so schnell wie möglich. Und wenn wir da einen Platz bekommen, dann ziehen wir um. Und glücklicherweise haben wir einen Platz dann dort bekommen 2019. Und so sind wir dann 2019 auch wieder umgezogen. Da ging das dann zack, zack mit der Wohnung. Ich hatte nämlich die Wohnung, in der wir uns jetzt gerade befinden und diese Folgen hier aufnehmen, da schon vorher entdeckt, schon länger im Blick und hatte schon zu Carsten gesagt: Wenn das jetzt mit dem Schulplatz in trockenen Tüchern ist, fragst du sofort erst mal da nach und dann gucken wir uns andere Anforderungen an, weil wir nämlich überlegt haben, in dieser Zweieinhalb Zimmer Wohnung ist doch zu wenig Platz. Und jetzt haben wir hier halt quasi vier Zimmer, wenn man den Dachboden mitrechnet. Das ist so wie Maisonette ein ausgebauter Dachboden hier, in dem wir auch gerade sitzen als Tonstudio. Und da hatte ich halt gedacht, super, da habe ich oben einen Arbeitsplatz, unten können wir uns ausbreiten und die Wohnung ist auch wieder fast doppelt so groß.

Carsten Aber wir haben ein separates Schlafzimmer. Und war uns tatsächlich wichtig. Genau. Und tatsächlich, dieses Experimentieren mit Wohn-Bett-Kombi oder Sofa-Bett-Kombi hat einfach definitiv nicht funktioniert.

Stefanie Das haben wir schon gemerkt. Wir sind jetzt aber auch schon wieder einen Schritt weiter. Soll ich schon in die Zukunft gehen oder erzählen wir jetzt was bleibt von unserer jetzigen Situation?

Carsten Also wir haben uns jetzt eingefunden in einer neue Wohnung, haben seit Jahren tatsächlich Hamburg als Wohnort wieder verlassen. Ja, wohnen in der Metropolregion Hamburg. Also es ist uns irgendwie wichtig, trotzdem noch den Bezug zu Hamburg zu bekommen, zumal ich auch weiterhin in Hamburg arbeite.

Stefanie Ja, wir sind dann in ein kleines, kleines, kleines Dorf gezogen, dass außer einer Tankstelle sonst nichts zu bieten hat und einem Wildhof, den wir natürlich nicht besuchen und wo halt der nächste Supermarkt zwei Kilometer entfernt ist. Wir haben trotzdem kein Auto. Wir sind immer noch mit Fahrrad und teilweise Fahrradanhänger unterwegs und haben ja auch noch eine Busanbindung.

Carsten Die aber nur zu Idealzeiten so im Halbstundentakt fährt und tagsüber eben stündlich.

Stefanie Ja, wobei morgens tatsächlich auch viertelstündlich. Doch, ja, aber da Carsten mit dem Fahrrad fährt, weiß er das nicht genau. Und dann ist es so, dass Carsten dann mit dem Fahrrad die acht Kilometer bis zur S Bahn fährt, dort dann mit der S Bahn in die Stadt und da dann wiederum zu Fuß zur Arbeit. Und während der ersten Zeit war das auch alles noch in Ordnung. Wir haben die Wohnung so ausgesucht, dass das Kind idealerweise alleine zur Schule fahren kann und wieder zurück mit dem Fahrrad. Und das funktioniert auch. Also das ist mittlerweile so, dass das Kind alleine die vier Kilometer, sind das zur Schule hin und zurück, fährt. Und es ist kein Problem, die Schule ist super, alles ist gut. Und ich habe Platz hier oben. Und eigentlich haben wir viel zu viel Platz.

Carsten Ja, wir sind, was das betrifft, wieder dekadent gewesen. Wobei, gut, ich versuche mich jetzt so ein bisschen aus der Affäre zu ziehen. Also der ausgebaute Spitzboden ist ja nicht mit Fläche, also der wird ja nicht mitgerechnet.

Stefanie Ja, trotzdem.

Carsten Trotzdem wird er von uns mit genutzt, darf auch genutzt werden. Das war auch schon so vorgesehen. Ähm, ja, das ist natürlich die Auslagerung unseres Arbeitsbereiches, teilweise auch ein Rückzugsort. Nochmal. Ja, in der Hinsicht sind wir jetzt ein bisschen dekadent und das ist tatsächlich, wir merken das jetzt auch noch so, unsere Achillesferse. Also bei bei vielen Fortschritten, die wir bisher hinsichtlich kritischem Konsumverhalten gemacht haben, dass wir uns mehrfach überlegen, was brauchen wir, was kaufen wir, wo investieren wir Geld? Auch fragen welchem Unternehmen geben wir unser Geld? Also schon so die bewusste Entscheidung, dass wir nicht Produkte von jedem Unternehmen kaufen, sondern da dann lieber auf Produkte und Unternehmen zurückgreifen, von denen wir wissen, dass sie eben bio und fair sind oder sich zumindest so verhalten. Das hat jetzt bei bei der Wohnungssuche noch nicht so durchgeschlagen. Dieses reflektierte Verhalten sagen wir mal.

Stefanie Das Problem war wirklich jetzt aber auch, dass wir halt gesagt haben, okay, wir wollen eine Wohnung finden, die in der Nähe der Schule ist, damit das Kind dann den Schulweg alleine zurücklegen kann. Und wir haben halt gedacht, das es eine Investition in die Zukunft ist. Es ist natürlich wieder teurer geworden, aber auch nicht so teuer wie die Wohnungen vor Finkenwerder, so teuer sind wir dann auch nicht wieder geworden, aber wir haben halt gedacht, okay, das ist eine Wohnung, wir können hier auch bleiben, bis die Schulpflicht beendet ist.

Carsten Genau das war damals tatsächlich so ein Fokus zu sagen, wenn wir schon den Schritt gehen, jetzt noch mal umzuziehen, damit das Kind einen angenehmen Schulweg hat, den es selbst bestreiten kann, dann wollen wir auch ganz gerne eine langfristige Perspektive haben. Und das muss natürlich Wohnraum sein, in dem wir uns auch wohlfühlen, der ausbaufähig ist, der Potenzial hat.

Stefanie Genau. Und jetzt hatten wir hier die Möglichkeit, mit einem Gartenanteil und der Zusage, dass wir Hochbeete aufstellen dürfen, dass Carsten sich da verwirklichen konnte. Dann halt mit der Größe der Wohnung, auch der Größe des Kinderzimmers, dass es auch ein gutes Jugendzimmer sein kann, dass das Kind also mitwachsen kann sozusagen. Es kann reinwachsen in dieses große Zimmer. Und es ist so von allen Faktoren her eigentlich etwas, wo wir gesagt haben: so, jetzt bleiben wir hier, wir bleiben jetzt hier, bis das Kind 16 ist, die Schulpflicht beendet ist und dann gucken wir mal weiter, was das Kind dann machen möchte. Und diese acht Jahre, die bleiben wir jetzt hier.

Carsten Ja, du hörst jetzt vielleicht schon so ein bisschen raus. Irgendwie scheint das nicht mehr Bestand zu haben. Nichtsdestotrotz, bevor wir.

Stefanie Ich wollte jetzt so ein *Deedee* Geräusch machen „und dann kam...“

Carsten Genau, Polly. Nein, nicht Polly.

Stefanie Dann kam die Wende.

Carsten Dann kam die Wende. Das, was wir bisher erreicht haben, haben wir natürlich hinsichtlich des Konsumverhaltens auch hier in dieser neuen ländlichen Wohnsituation aufrechterhalten. Also wir kaufen weiterhin unverpackt ein. Wir haben die Möglichkeit, jetzt hier in dem östlichen Stadtteil von Hamburg, in Bergedorf ist der nächste Unverpackt Laden, einzukaufen, was uns sehr gefreut hat.

Stefanie Ja, das ist total super. Also jetzt dieses Jahr 2020, oder gut, wenn du das hörst, ist es schon 2021, aber wir nehmen das gerade noch 2020 auf. Also in 2020 sind ganz viele Unverpackt Läden in Hamburg dazugekommen. Das ist total super, die Entwicklung. Ich hoffe, dass die sich halten können. Aber wir hatten eben das Glück, dass wir auch hier in der Nähe einen Unverpackt Laden haben. Und wir haben auch, also das erste Jahr, dass wir hier gewohnt haben, unser Verhalten noch mehr optimiert. Wir haben unsere Vorratshaltung optimiert und dazu gibt es auch ganz viele Podcastfolgen im Einfach Vegan Podcast, wenn du da noch mal nachhören möchtest. Und ich habe wirklich geschaut, dass ich das alles finanziell gut geregelt bekomme.

Also ich hatte mir überlegt, dass wir, weil wir jetzt so auf dem Land wohnen und das halt anstrengend ist, große Mengen mit dem Anhänger zu transportieren, dann auch größere Mengen, also so Halbjahres oder Jahresvorräte bestellen. Und das kostet ja auch erst mal das Geld. Musst du halt erstmal haben. Und da hatten wir das Glück, dass Carsten mal einen Bonus ausgezahlt bekommen hat. Davon haben wir es bezahlt und dann haben wir das Geld monatlich zurückgelegt. Ich habe dann ausgerechnet, so viel hat jetzt der Einkauf komplett gekostet, das soll soundso viele Monate halten. Also muss ich monatlich so viel Geld zurücklegen. Und das habe ich dann auf ein Sparkonto zurückgelegt. Und dann, nach einem halben Jahr, haben wir das Gleiche wieder bestellt und hatten das Geld dann eben durch dieses monatliche Sparen vorrätig.

Was ja auch wichtig war, das so zu sparen, weil das ja ein Vorrat sein sollte, der eben jetzt nicht jede Woche neu gekauft wird. Das heißt, das Geld, was ich dafür verwende, muss ja von dem monatlichen Geld, was ich für Lebensmittel bereitlege, weggehen. Sonst habe ich ja wieder das Problem, dass ich Geld ausgebe und Geld ausgebe und es ist eigentlich mehr Geld als ich habe. Und das war für mich wichtig, das so auszurechnen und da so ein Gefühl für zu bekommen und das auszutüfteln, dass es funktioniert und wir da finanziell gut aufgestellt sind.

Carsten Und die Großpackungen haben natürlich den Vorteil, dass sie nochmal ein bisschen günstiger sind im Vergleich zu den kleineren Mengen. Wobei das klingt jetzt so, als ob wir da knauserig wären. Also wir kaufen schon gute Qualität, also diesen Anspruch bio und fair, dem sind wir an der Stelle treu geblieben und schauen auch ganz akribisch, was für Anbieter das sind. Und idealerweise kaufen wir dort auch plastikfrei, was eigentlich in den meisten Fällen gelingt. Wir hatten einmal so eine Situation gehabt, dass wir gesagt haben, wir brauchen da eine etwas größere Menge. Der Anbieter hatte in seinen Onlineportalen aber kleinere Mengen und dann haben wir gesagt, dann nehmen wir halt vier, fünf Mal diese Menge. Und dann kam auf Rückfrage: Dürfen wir das dann alles in ein großes Gebinde reinpacken und das ist dann auch wieder ein Kunststoffgebinde gewesen. Das war uns im Vorfeld nicht klar, sonst hätten wir vielleicht drum gebeten, nehmt doch irgendwie ein Papiersack oder so, aber im Endeffekt ist es schon so, dass wir weiter plastikfrei einkaufen oder Plastikfreier. So ganz komplett weg sind wir nicht, aber wir sind nach wie vor nicht angewiesen, unsere regelmäßigen Einkäufe in irgendwelchen Supermärkten zu tätigen.

Stefanie Ja, wir optimieren das immer weiter und wir hatten das eigentlich auch soweit jetzt hier optimiert, dass wir auf dem Land auch ganz gut ohne Auto klarkommen. Wir haben eine Biokiste bestellt, um Obst und Gemüse zu beziehen. Auch das Brot konnten wir da bestellen, weil das einfach super anstrengend war, zum nächsten Obsthof zu fahren. Und die hatten auch nur ein eingeschränktes Angebot und es war auch nicht Bio und einen Wochenmarkt hier in der Nähe gibt es nicht. Und deswegen haben wir das halt so entschieden, dass wir das so hinbekommen. Und es hat eigentlich ganz gut alles funktioniert. Bis dann jetzt. [Dramatische Musik einfügen.]

Ja, eigentlich war es ganz banal. Wir hatten ja gedacht, wir könnten Hochbeete aufstellen und haben das dann im Sommer auch gemacht, als unsere Vermieter im Urlaub waren. Unsere Vermieter wohnen unter uns direkt, also wir teilen uns quasi das Haus mit denen. Und dann stellte sich heraus, dass unsere Vermieterin andere Vorstellungen von Hochbeeten hatte und dass ihr das alles nicht so zusagte. Und dann mussten wir leider feststellen, dass sie generell ganz unterschiedliche Vorstellungen von einem gemeinsamen Leben hat und hatte und der Umgang mit ihr irgendwie immer komplizierter wurde. Und so haben wir uns dann entschieden: Wir müssen wieder weiterziehen. Und für mich war das echt hart, weil ich eigentlich gedacht hatte: Okay, wir sind jetzt hier angekommen, wir haben jetzt hier investiert für die Zukunft. Ja, es ist jetzt wieder teurer und größer. Aber zumindest wissen wir, wenn das Kind jetzt auch größer wird und teurer, dass wir dafür die richtige Umgebung haben. Und eigentlich ist doch alles ganz gut. Also.

Aber leider hat sich die Situation immer weiter verschlechtert, so dass wir dann an einem Punkt angekommen sind, wo wir gesagt haben: Nein, es geht so einfach nicht. Es ist also keine Möglichkeit, sich hier mehr wohlzufühlen und so, dass wir jetzt im Moment wieder an dem Punkt sind, dass wir uns auf die Suche machen nach einer neuen Wohnung. Und da sind wir auch wieder an so einem Punkt. Ich gerate jedes Mal in Versuchung. Wir gucken jetzt schon ein bisschen länger, wir wollen ja auch die passende Wohnung finden. Und dieses Mal wollten wir auch darauf sparen, auf den Umzug. Also, dass wir uns nicht so viel Geld leihen müssen, kostet ja auch immer, du musst mindestens eine Monatsmiete doppelt zahlen. Du musst die Umzugshelfer bezahlen, den Umzugswagen bezahlen. Dann noch die Wohnung streichen, renovieren und die alte Wohnung muss hergerichtet werden. Es kommen ja immer Kosten auf einen zu, also mit 2.000 € bist du locker dabei und die müssen ja auch irgendwo erst mal herkommen. Und das wollten wir ersparen. Erstmal, also ansparen, nicht uns ersparen und dementsprechend würde es halt dann mehrere Monate dauern oder wenn nicht sogar ein Jahr dauern, bis wir das alles zusammen hätten. Dagegen hält natürlich jetzt dieser Faktor, dass unsere Vermieterin sich quasi als unberechenbar entpuppt hat und wir hier nicht wissen, was als nächstes kommt und dann halt auch lieber schneller weg wollen als später.

Carsten Genau, die Differenzen werden eigentlich zunehmend größer und irgendwie ein moderates Verhalten oder ein Runterspielen dessen nehmen wir jetzt so nicht wahr, sondern eher die Zuspitzung. Und da kann man sich jetzt noch versuchen, so ein bisschen defensiv zu verhalten. Aber das geht dann auch irgendwann zulasten des eigenen Wohlfühlfaktors. Wir haben schon den Anspruch, uns wohlzufühlen in einem Umfeld, in dem wir dann auch leben. Und das ist jetzt seit mehreren Monaten leider nicht mehr gegeben und dementsprechend müssen wir wirklich da vielleicht in den sauren Apfel beißen und sagen, wir gehen jetzt früher doch wieder den Schritt irgendwo in eine andere Wohnung, Aber dann natürlich eben mit der Perspektive, wir schauen uns entsprechende Wohnungsanzeigen online an und...

Stefanie Da gerate ich immer in Versuchung, weil dann ist da so eine tolle Wohnung und wir könnten uns das monatlich auch leisten. Aber es ist teurer als hier und wir wollen doch eigentlich weniger.

Carsten Genau dieser Mechanismus, den wir eigentlich immer schon hatten. Was ist so das absolute Limit? Und wir orientieren uns mit dem oder an dem, was wir uns gerade noch so irgendwie leisten können.

Stefanie Ja, und das ist genau das Schlimme.

Carsten Das wollen wir eigentlich nicht, aber das wirkt halt trotzdem noch in uns.

Stefanie Ja, es ist ganz schlimm. Eigentlich wäre es halt gut, wieder die Miete zu reduzieren, sich wieder zu verkleinern. Denn wir haben uns jetzt halt auch was überlegt, dass wir für uns so eine Schlafzimmer Arbeitszimmer Kombi machen, dass wir uns ein Hochbett bauen und da drunter

Carsten Kein Beet, sondern ein Bett.

Stefanie Genau, diesmal ein Bett, da darf dann auch keiner was dagegen haben. Also ein Hochbett bauen für Carsten und mich und da drunter dann quasi den Arbeitsplatz haben. Dann kann ich das nämlich auch genial abdichten als Tonstudio und wir könnten dann halt so ein halbes Zimmer dafür einfach nutzen, weil es muss ja nur einfach 2 Meter breit sein und natürlich entsprechend tief. Aber ich denke, das wäre mit so einem halben Zimmer halt noch möglich und dann könnten wir wieder so eine kleinere Wohnung nehmen. Das Kind kriegt ja eh immer das große Zimmer und dann haben wir noch ein Wohnzimmer. Aber dann hätten wir die Möglichkeit diese Rückzugsorte auch zu haben. Wir wären also nicht mehr darauf angewiesen, ein Schlafzimmer, ein Arbeitszimmer, ein Kinderzimmer und ein Wohnzimmer zu haben, sondern könnten tatsächlich die Schlaf Arbeitszimmer Kombi so ausprobieren. Es ist natürlich die Frage auf Dauer, wie das dann wird, aber im Moment bin ich davon total begeistert.

Carsten Ja, und wir pendeln halt wirklich zwischen diesen Extremen, zu gucken, wie können wir jetzt mit einer kleineren Wohnung dann doch wieder finanzielle Spielräume auftun, die wir jetzt zwischendurch dann doch wieder für eine größere Wohnung aufgegeben haben? Das wäre dann eben genau dieser Faktor Arbeits und Schlafzimmer zu kombinieren, auf geschickte Art und Weise. Oder gehen wir in das andere Extrem und holen uns doch wieder teuren Wohnraum, den wir uns tatsächlich finanziell leisten könnten? Da müssten wir also nicht irgendwie noch Gelder aufnehmen oder auf Pump leben. Aus der Situation sind wir glücklicherweise raus, aber das widerspräche ja eigentlich genau dem, was wir ansonsten immer so als reflektiertes Kaufverhalten haben walten lassen.

Stefanie Ja und das ist wirklich ganz schlimm. Ich bemerke das aktuell immer wieder, dass ich denke: Oh ja, ach komm, wir können uns das leisten. Oh, es ist so schön. Oh, das wäre doch auch nett. Und dann denke ich wieder: Nein, nein, nein. Denn wir sind auch heute aktuell. Jetzt sind wir mal einfach schon direkt bei heute in der Gegenwart. Immer noch nicht aus den Schulden raus. Also das Privatdarlehen, da weiß ich auch gar nicht, je nachdem, wie hoch wir die Raten aufstocken. Das wird noch ewig dauern gefühlt, bis wir das abbezahlt haben und unseren Bankenkredit, da sind wir auch noch zweieinhalb Jahre dabei. Dann haben wir auch noch einen Dispo, den wir auch noch abbezahlen. Und wenn wir jetzt weniger Miete zahlen, dann können wir natürlich das alles schneller abbezahlen. Dagegen spricht dann immer diese kleine Stimme in meinem Kopf, die sagt: aber es soll dir doch auch gut gehen, es soll dir auch gut gehen. Oh oh, diese tolle, riesige, 120 Quadratmeter große Wohnung mit Dachterrasse. Sie ist total toll. Das ist das wirklich ganz schlimm.

Carsten Was werden wir da mit uns noch für Kämpfe ausfechten?

Stefanie Unsere vernunftbegabten Wesensanteile sagen uns: Nimm eine kleine Wohnung, die weniger kostet als hier, denn wir haben ja auch noch was anderes vor. Carsten will ja auf lange Sicht gesehen auch gar nicht mehr so viel Geld verdienen. Also du willst ja eigentlich weniger arbeiten.

Carsten Genau. Also die Jobs, die ich bisher hatte. Ich habe es ja in den vorherigen Folgen immer so mit diesen Gehaltssprüngen schon mal so anklingen lassen. Die sind durchaus so im sehr gut bezahlten Bereich angesiedelt und das ist aber etwas, wo ich in Zukunft gar nicht mehr hin möchte, weil mich das beruflich nicht mehr erfüllt. Also ich persönlich sehe dort keine direkte Erfüllung mehr, auch wenn es intellektuell und inhaltlich anspruchsvolle Tätigkeiten sind, die auch einen gewissen Reiz beinhalten, aber nicht mehr wirklich meiner Hauptinteressenslage entsprechen. Ich komme da aber auch im Moment nicht raus. Also anders gesagt, wenn ich jetzt dort aussteigen würde und würde sagen, ich mache das, was mehr so meinem eigenem Gusto oder meinem Hauptinteresse oder wo auch immer meine Interessen dann gelagert sein werden, entspricht, dann wäre das mit einer ziemlichen Gehaltseinbuße versehen, was uns jetzt finanziell eigentlich total überfordern würde.

Stefanie Genau.

Carsten Ich muss zumindest so lange warten, bis wir die die Hauptverbindlichkeiten gegenüber der Banken und auch den Dispo soweit ausgeglichen haben. Was ja im Moment mit unserer jetzigen Perspektive und aufgrund der Tatsache, dass wir jetzt über Jahre hinweg schon keine Krediterhöhung mehr durchgeführt haben tatsächlich das erste Mal in so greifbarer Nähe gerutscht.

Stefanie Genau.

Carsten Und auch die Tatsache, dass wir jetzt ja eigentlich Rücklagen bilden können, um eben auch diese Vorratshaltung unterjährig anzusparen und uns zu finanzieren. Und auch für Urlaub zu sparen, das sind alles im Moment Aspekte, die vom Finanziellen ja schon ein ganz großes Aufatmen versprechen. Und wenn ich da noch mal so ganz in die Vergangenheit rein gucke, diese Situation, wo wir gucken mussten, dass die Ikano Karte noch genügend freien Spielraum zum Tanken bietet, da sind wir...

Stefanie Oder wir haben halt auch die Kreditkarte genutzt, als Puffer sozusagen, und haben das dann immer so mit weitergetragen. Das heißt, wir haben Geld von der Kreditkarte abgehoben und haben dann im nächsten Monat wieder Geld von der Kreditkarte abgehoben. Also so.

Carsten Wirklich Bargeld. Wir haben nicht mit der Kreditkarte etwas bezahlt. Sondern wir sind da zum Automaten und das war unser Einkaufsgeld.

Stefanie So genau. Ja, also das heißt, wir haben viel getrickst und das haben wir jetzt Gott sei Dank alles schon hinter uns gelassen und müssen das nicht mehr machen.

Carsten Nee, und deswegen bin ich jetzt im Moment auch in so einer Situation, wo ich sage Mensch, die letzten zwei, zweieinhalb Jahre, die wir jetzt noch benötigen würden, um tatsächlich von diesen Bankverbindlichkeiten rauszukommen, da stecke ich jetzt hinsichtlich meiner persönlichen Neigung nochmal zurück, bleibe in meinen bisherigen Karriereplan, wobei ich mich nicht als karriereorientierter Mensch betrachte, aber ich bleibe halt in diesem Berufsfeld erstmal weiter aktiv. Und da merke auch ich, ich ringe da zunehmend mit mir. Also das ist ein ähnliches Verhältnis wie die Mietsituation. Ich hatte jetzt noch kein vergleichbares Negativerlebnis, was mir jetzt meinen Job irgendwie madig macht. Aber ich merke aufgrund meiner eigentlichen Interessenlage, dass ich mehr in den Bereich der alternativen Gesellschaftsmodelle irgendwie was tun möchte.

Also wenn du da mehr zu hören möchtest, was uns jetzt eigentlich so treibt, dann bist du mit dem Einfach Vegan Podcast sehr gut bedient. Da schildern wir ja eigentlich die ganzen Gedanken und Entwicklungen und das sind so treibende Faktoren, die mir zunehmend das Agieren im bisherigen beruflichen Umfeld, ja nicht direkt erschweren, aber die lassen so dieses Glamourpotenzial, was solche Berufe eigentlich so aus Karrieresicht mit sich bringen, schon sehr stark verblassen. Es ist nach wie vor ein Job, zunehmend eigentlich mehr so ein Broterwerb. Und dabei muss man eigentlich mehr Herzblut in diese Tätigkeiten mit reinbringen, weil das eigentlich so Stellen sind, die auch einen hohen Verantwortungsgrad mit sich bringen und dann werden auch Personen gesucht, die sich dann über Gebühr mit diesem Job identifizieren. Und das fehlt bei mir zunehmend.

Das war's für heute. Die nächste Folge erscheint am kommenden Montag.

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